Spielleiterworkshop Ambigú
heute sammelten sich keine Jugendlichen in der Jugendtheateretage, sondern Schauspielerinnen, DS-Lehrerinnen- Spielleiterinnen eben aus der Schule, Jugendtheatergruppen oder sozialen Theaterprojekten. Stunden des Experimentierens beginnen mit Workshopleiterin und Entwicklerin von Ambigú Franziska Muche.
Was passiert, wenn?
Was passiert, wenn die Schauspieler beim Lesen eines völlig neuen Textes Anweisungen bekommen?
Was passiert, wenn man eine Szenen als Fisch und Hering liest, als wäre man ein jammeriges Kind oder in einer großen Kirche?
Was passiert, wenn der Spieler mit Essstäbchen dirigiert wird?
Was passiert, wenn aus allen Ausrufesätzen plötzlich Fragesätze werden und umgekehrt?
Was passiert, wenn man in der Szene unvermittelt mit einer Feder gekitzelt werden darf`?
Was passiert, wenn aus der Lesung plötzlich ein Platzwechselspiel oder ein Seilziehen wird?
Was passiert, wenn man beginnt kreativ mit Raum, Dynamik, Status und Sinnen zu probieren?
Undundund
…und am Ende können alle sagen: es passiert Überraschendes, Lustiges, Spannendes.
Alle Teilnehmer begannen, sich schon beim ersten Lesen des Textes von altbekannten Mustern zu lösen, Spaß zu haben an wildem Ausprobieren ohne immer streng der Logik zu folgen. Esgeht ums Untersuchen, um absurde und logische Vorschläge, darum wild auszuprobieren, zu verwerfen und allen Impulsen zu folgen- egal welchen. Und gemeinsam zu entdecken wie vielschichtig und spannend neue Texte sein können.
Und jetzt auf in die Schulen, Theatergruppen und Projekte lieber Ambigú Koffer- so viele Spieler warten darauf, mit dir experimentieren zu können und Texte zu neuem Leben zu erwecken!
Das zeigt sich auch einige Stunden später bei der Werkstattpräsentation von Schülern aus dem 10. Jahrgang des Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Gymnasiums. Begeistert stürmen sie die Bühne. Spielen Spiele. Wer wird der König? Wer hält an und wer läuft weiter? Wer dirigiert die anderen bei Schreien, weinen Lachen. Nacheinander präsentieren sie Szenen zu allen 4 Themen: Status,Raum, Dynamik und Sinne. Es wird viel gelacht. Texte bekommen plötzlich eine Vieldeutigkeit, die zuvor niemandem aufgefallen war. Und sie machen Spaß. Es macht Spaß, zuzuschauen und offensichtlich eben auch zu spielen. Rappende Engel, ein Nachrichtensprecher der tonlos seine Frau beschimpft, eine stotternde Baronin Soldaten beim Apell und Verliebte, deren Verhältnis man beim bloßen Lesen wohl nie erahnt hätte. Freude am Spielen. Freude am Ausprobieren. Freude am Lachen. So viel Freude, dass am Ende gemeinsam mit dem Publikum gespielt wird, welches zwar erst noch etwas schüchternd reagiert, aber am Ende spielen alle zusammen, werfen den Schauspielern Ideen zu und warten dann begeistert und gespannt, was wohl als nächstes passieren wird.
2 Uhr 14, DS-Kurs Jahrgangsstufe 11, Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Gymnasium
Ein Boxring in Dunkelheit. Linedancer ohne Musik. Was passiert hier? Zerfaserte Schicksale. Ein Mädchen voller Hass und Wut. Ein Junge, auf der Suche nach 2 Fäustlingen für 4 Hände. Ein Mädchen, das sich von Innen auffrisst und ein Junge, der liebt- bloß ganz falsch. Oder eben grade richtig? Eine Lehrerin die nur noch Sand schmeckt. Sie steuern hin auf 2 Uhr 14. Breiten ihre Geschichten vor uns aus. Geben sich Preis. Sie hadern, sie schreien und lachen und suchen Lösungen für ihr Problem. Suchen nach dem Glück. Suchen nach einem Weg weg von der Angst. Hin zu Leben. Aber vom Weihnachtsmann kann man sich das nicht wünschen. Bis 2 Uhr 14. Bis die Schildkröte endlich erzählt was war um 2 Uhr 14. Was war, als sie zur Schildkröte wurde. Warum sie im Laden nicht mehr bedient wird und nie ohne Maske aus dem Haus geht. Sie ist raus. Aus allem. Und um 2 Uhr 14 nicht nur sie.
Linedancer im Boxring. Diesmal mit Musik. Aber jetzt ist es zu spät.
Texte: Emilia Schlosser
Fotos: Antje Materna